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Daniel Knop

Die Nikon-2020-Story, oder: Ein Königreich für Clownfisch-Embryonen …

Aktualisiert: 22. Okt.

Nicht immer führt der erste Versuch zum Erfolg. Aber das Dranbleiben lohnt sich, egal ob in der Korallenriffaquaristik oder in der Mikrofotografie


Zwei Clownfisch-Embryonen in ihren Eihüllen
Zwei Clownfisch-Embryonen am achten Tag ihrer Entwicklung, kurz vor dem Schlupf aus dem Ei (Focus-Stacking-Setup, Mitutoyo M Plan Apo 10x, drei Systemblitze)

Am Anfang stand ein Foto eines Clownfisch-Embryos, das ich in einer wissenschaftlichen Publikation sah. Dieser rund zwei Millimeter kleine Embryo befand sich noch in seiner Eihülle und war so fotografiert worden, dass man auch manche Einzelheiten recht gut erkennen konnte – mit all den Unschärfen, die eine solche Nahaufnahme zwangsläufig mit sich bringt. Was für eine faszinierende Bildidee: werdendes Leben, das in der transparenten Eihülle darauf wartet, hinaus in die Welt zu dürfen, und das schon mit großen, silbrigen Augen seine Umgebung betrachtet.


Das weckte in mir spontan den Wunsch, es mindestens ebenso gut hinzubekommen, im Idealfall sogar noch besser. So, dass man anatomische Details im Foto erkennen könnte – im Zentrum der gelbe, prall gefüllte Dottersack, der dem Tierchen nach dem Schlupf während der ersten Tage Nahrung liefern sollte.


Allerdings verstand ich das Ganze als Herausforderung und wollte nicht den einfachsten Weg gehen und den gewöhnlichen, weit verbreiteten Clownfisch Amphiprion ocellaris wählen, der sehr leicht aus Nachzuchten zu bekommen ist. Vielmehr plante ich, den sehr ähnlichen, farblich aber noch etwas hübscheren Amphiprion percula dafür zu verwenden, der das Vorbild für den Fernsehfilm „Finding Nemo“ war.


Ein Clownfischpaar kuschelt sich zwischen die Tentakel seiner Wirtsanemone, und davor befindet sich ein Gelege mit Eiern
Fünf Jahre dauerte es, zwei der seltenen Percula-Clownfische zu verpaaren
Ein Clownfischmännchen pflegt sorgsam die Eier seines Geleges
Endlich stand das erste Gelege für das Focus-Stacking-Projekt zur Verfügung

Das allerdings machte die Sache ungleich schwieriger, denn geschieht ganz selten, einem Züchter zu begegnen, der mit genau dieser Spezies arbeitet, zumal die beiden Arten extrem schwer voneinander zu unterscheiden sind. Hinzu kam eine weitere Erschwernis: Zwei Jungfische, die aus einem Gelege geschlüpft sind, lassen sich kaum verpaaren, denn die Paarbildung dieser protandrischen Fische läuft über einen sozial gesteuerten Geschlechtswechsel; anfangs sind die beiden Jungfische männlich, und der kräftigere von beiden unterdrückt den anderen in fortwährenden Raufereien, mit der Folge, dass er selbst sich zum dominanten Weibchen entwickelt, während dies beim anderen unterdrückt wird und er das subdominante Männchen des Paars wird. Das ist die Voraussetzung für die Paarbildung, und Wurfgeschwister sind normalerweise gleich alt und ähnlich stark, so dass sie sich in endlosen Raufereien verschleißen.


Clownfisch-Paarbildung

Ganze fünf Jahre dauerte es, bis es mir gelungen war, zwei gesunde Nachzucht-Perculas im Korallenriffaquarium zu verpaaren. Sie wohnten in ihrer Wirtsanemone, eine prächtig rote Entacmaea quadricolor, die ebenfalls aus Aquariennachzucht stammte. Die beiden Clownfische kuschelten sich permanent zwischen die Anemonententakel und erzeugten nach einiger Wartezeit auch das erste Gelege mit rund zweihundert Eiern.


Schon während des Befruchtungsvorgangs war ich mit der Kamera dabei. An die Eier, die das kräftigere und größere Weibchen gerade an Gesteinssubstrat klebte, heftete das kleinere Männchen zahlreiche winzige Spermiensäckchen, die jeweils an der transparenten und rund zwei Millimeter langen Eihülle klebten. Im Innern der Eier war nichts als ein gelbes Kügelchen zu sehen, in denen man zahlreiche winzige Fetttröpfchen erkannte.


Das obere Drittel eines 2 mm langen Clownfisch-Eis ist zu sehen, und oben klebt ein kleines Spermasäckchen, in dem man einzelne Spermien erkennt
Das 10x-Mikroskopobjektiv von Mitutoyo kann mit der Focus-Stacking-Technik auf dem nur 2 mm langen Ei das kleine Spermasäckchen sichtbar machen, und sogar einzelne Spermien sind erkennbar!

Die erste Bildserie

Jeden Tag stahl ich mir einige der Eier, um sie auf einen gläsernen Objektträger zu bringen, der in der Mitte eine konkave Vertiefung besaß, die mit einem Tropfen Meerwasser gefüllt und mit einem Deckglas abgedeckt wurde. Unter dem Mikroskop war die Entwicklung im Innern der Eier sehr gut zu beobachten. Ich verwendete mein Orthoplan-Mikroskop von Leitz, das von den 1960er- bis in die späten 1980er-Jahre weltweit in Kliniken und Universitäten zu den beliebtesten Forschungsmikroskopen zählte. Ausgestattet hatte ich es Durchlichtobjektiven, und ich setzte ein 10x-Planapo ein. Allerdings brauchte ich für eine ästhetisch schöne Darstellung Auflicht, und das besorgte eine zweiköpfige LED-Leuchte, die von beiden Seiten auf das Ei strahlte. Mit zarten Drehbewegungen am Feintrieb wurde eine Bildserie erzeugt und anschließend zu einem Foto verrechnet.


Jeden Morgen und jeden Abend fertigte ich auf diese Weise drei Serien mit jeweils 100 Einzelbildern an, acht Tage lang, bis die Embryonen geschlüpft und ins Larvenstadium übergegangen waren. Das Bildergebnis war phänomenal – fand ich damals jedenfalls. Mit großem Stolz betrachtete ich die Bilder, die die gesamte Embryonalentwicklung dokumentierten. Mit Leichtigkeit konnte man den U-förmig gefalteten Körper in der transparenten Eihülle erkennen, mit Schwimmblase, Augen und zahlreichen anatomischen Details. Doch irgendwie waren die Farben blass und unschön, die Lichtverteilung war grauslig. Irgendwie musste das doch besser gehen …


Doppelbild: Links ist ein Teil eines Leitz-Forschungsmikroskops zu sehen, rechts daneben ein Clownfisch-Embryo im Ei, der mit diesem Mikroskop aufgenommen wurde
Die erste Versuchsserie: Orthoplan-Mikroskop mit Durchlichtobjektiven, aber aufgenommen mit Auflicht

Die zweite Bildserie

Beim nächsten Gelege, das mein noch recht junges Clownfischpaar produzierte, verwendete ich ebenfalls das Orthoplan-Mikroskop, setzte aber andere Objektive ein, nämlich einen Satz HD-Planachromate von Zeiss Jena. Diese fast ein halbes Jahrhundert alten DDR-Objektive hatten die Möglichkeit, sich im Auflicht selbst mit Licht zu versorgen: Das Halogenlicht des Mikroskops wurde durch einen ringförmigen Lichtkanal außen an den Objektivlinsen nach unten geleitet und dort durch einen Ringspiegel auf das Objekt gestrahlt, wahlweise im Hellfeld oder im Dunkelfeld, also mit weißem oder schwarzem Hintergrund. Das schien mir besser geeignet, um eine gute und gleichmäßige Lichtverteilung im gesamten Clownfisch-Ei zu bekommen.


Also führte ich die Bildserie noch einmal durch und beobachtete wieder einmal die gesamte Entwicklung der Embryonen, nach den ersten Zellteilungen die Gastrulation, bei der sich die Embryonalschichten bilden und die Haupt-Embryonalachse erzeugt wird, dann die Segmentierung, bei der der typische Fischkörper entsteht und sich im Innern die Chorda dorsalis bildet, ein Vorläufer des Zentralnervensystems. Anschließend die späten Stadien mit der Entstehung der Organe und letztlich der Schlupf aus der transparenten Eihülle.


Die obere Hälfte eines Clownfisch-Eis ist zu sehen, darin ein Teil des gelben Dottersacks sowie der sich entwickelnde Embryo
Während der Segmentierung entsteht der typische Fischkörper, und im Kopf sind bereits die großen Augenanlagen mit Iris und Pupille zu sehen. In der prall gefüllten Membran vor dem Kopf entsteht hier gerade das Herz, das man unter dem Mikroskop bald schlagen sehen kann.

Die zweite Bildserie, die wiederum die gesamte Embryonalentwicklung des Clownfischs porträtierte, war deutlich besser als die erste. Die ringförmige Beleuchtung rund um die Objektivlinsen hatte kräftige Farben erzeugt, im Gegensatz zu dem blassen Gelb der ersten Serie. Auch fand ich die ganzen Details im Innern der Eier schärfer konturiert und leichter wahrnehmbar. Aber der einzige Weg, besser zu werden, liegt darin, mit seiner Arbeit stets unzufrieden zu sein – nicht so sehr, dass es frustriert, aber doch immerhin so weit, dass es schwer fällt sich entspannt zurückzulehnen. Also beschloss ich, unzufrieden zu sein.


Doppelbild: Links ist ein Teil eines Leitz-Forschnungsmikroskops zu sehen, rechts daneben ein Clownfisch-Embryo im Ei, der mit diesem Mikroskop aufgenommen wurde
Die zweite Versuchsserie: Orthoplan-Mikroskop mit Auflicht-Dunkelfeldobjektiven; das Licht gelangte durch einen Ringspiegel auf das Objekt
Zehn Clownfisch-Eier stehen in mikroskopischen Aufnahmen nebeneinander, von links nach rechts jeweils weiter entwickelt, beginnend mit dem frisch gelegten Ei, am Ende die leere Eihülle nach dem Schlupf des Embryos
Die zweite Bildserie der Embryonalentwicklung war fertig, konnte die Erwartungen aber auch nicht erfüllen

Die dritte Bildserie

Also: Nächster Anlauf mit einem neuen Gelege einige Wochen später. Diesmal wählte ich aber einen ganz anderen Weg, denn inzwischen hatte ich meinen dritten Focus-Stacking-Setup fertiggestellt und in Betrieb genommen. Das Objektiv: Mitutoyo M Plan Apo 10x – eine Legende. Wieder kam jeweils ein Ei mit Embryo auf den konkav angeschliffenen Objektträger. Doch diesmal wurde das Glasplättchen mit einem speziell angefertigten Halter vertikal auf dem Focus-Stacking-Setup montiert. Dahinter befand sich schwarzer Filz, um den Hintergrund pechschwarz werden zu lassen. Beleuchtet wurde mit zwei Systemblitzen, denn mit der LED-Beleuchtung war ich damals noch nicht so weit, dass gute Resultate erreicht wurden.


Doppelbild: Links ist ein Focus-Stacking-Setup zu sehen, rechts daneben in Vergrößerung ein speziell konstruierter Halter für Mikroskopobjektträger
Für die dritte Versuchsserie wurde ein Focus-Stacking-Setup mit Mikroskopobjektiv eingesetzt und eine höhenverstellbare Vertikalhalterung für den Objektträger konstruiert

Erste Entdeckung

Dabei stellte ich auch fest, dass der Stresszustand des Embryos sich über die Streuung der Pigmente in seinem Körper zeigt: Ist er entspannt, so sind die schwärzlichen und die gelben Pigmente in der jeweiligen Pigmentzelle gleichmäßig verteilt, so dass am Körper eine homogene Gelbfärbung entsteht, und der gelbe Dottersack wird von den verteilten Melaninpigmenten überlagert, die ihn bräunlich erscheinen lassen. Gerät der Embryo hingegen unter Stress, so konzentrieren sich die Pigmente im Zentrum der Pigmentzellen und man sieht nur noch gelbe und schwarze Punkte, was die Farbwirkung des gesamten Embryos radikal verändert. Ich konnte also den Stresszustand des zwei Millimeter großen Embryos in der Eihülle an seiner Körperfärbung ablesen – das war neu.


Doppelbild: Links ist ein Clownfisch-Ei mit Embryo zu sehen, dessen schwarze Melaninpigmente auf dem Dottersack gleichmäßig und homogen verteilt sind, rechts der gleiche Embryo, bei dem die Pigmente sich infolge von Stress zu kleinen, runden Schwarzflecken zusammengezogen haben
Die Pigmentzellen werden über das Sympathikus-Nervensystem gesteuert. Ist der Embryo entspannt, verteilen sich die Pigmente innerhalb der Pigmentzellen sehr großflächig, wie am Dottersack links zu sehen. Bei Stress ziehen sie sich jedoch zusammen, so dass die Pigmente nur noch als rundliche, schwarze Flecke zu sehen sind (Dottersack rechtes Bild).

Mit gewohnter Routine nahm ich jeden Morgen und jeden Abend wiederum drei der Eier, um von jedem eine 100-Bilder umfassende Serie anzufertigen. Dabei stellte ich in einem bestimmten Entwicklungsstadium auch eine komplette Körperdrehung fest, die jeder der Embryonen ausführte: Anfangs entwickelte sich der Kopf mit der großen Augenanlage unten, doch am Folgetag war dieser Kopf oben! Schon bei reifenden Eiern im Aquarium hatte ich diese Veränderung gesehen, ohne zu erkennen, was dabei passiert. Um es zu dokumentieren, fertigte ich von einem bestimmten Embryo einen ganzen Tag lang stündlich eine Serie mit 100 Einzelbildern an, die den Verlauf dieser Drehbewegung nachweisen sollte.


Doppelbild: Links ist ein Clownfisch-Ei mit Embryo zu sehen, dessen Kopf sich links unten befindet, rechts der selbe Embryo einige Stunden später nach einer Teilrotation im Uhrzeigersinn, so dass der Kopf sich weiter oben befindet
Um den 3. Tag herum vollführt der Embryo eine Drehung, durch die der zunächst unten liegende Kopf ganz nach oben gelangt. Die beiden Bilder zeigen eine Teildrehung mit einem Zeitabstand von mehreren Stunden. Auch hier ist anhand der Pigmentveränderungen gut zu erkennen, dass der Embryo im rechten Bild mehr Stress zeigt als links, vermutlich durch Sauerstoffmangel.

Weitere Erkenntnisse

Und irgendwann war auch die dritte Bildserie im Kasten und konnte montiert werden. Das Ergebnis fand ich im Vergleich zur zweiten Serie erheblich besser, vor allem, weil die Lichtverteilung im Innern der Eier phänomenal gleichmäßig war – genau das, was ich mir vorgestellt hatte, angefertigt mit einem Lichtdiffusor, den mir der im Frühjahr 2024 leider viel zu jung verstorbene Robert O’Toole empfohlen hatte.


Am Schlupftag gelang dann noch eine weitere Beobachtung, genau genommen sogar zwei: Während morgens die Körper der kleinen Embryonen noch homogen gelb gefärbt waren, mit gleichmäßig verteilten Xanthinpigmenten – nach meiner Hypothese waren sie also stressfrei –, sah ich abends, einige Stunden vor Einbruch der Dunkelheit, also dem nahenden Schlupfzeitpunkt, bei allen eine radikale Umfärbung: Die großflächige verteilten Gelb- und Schwarzpigmente hatten sich bei sämtlichen Embryonen zu kleinen, orangefarbenen bzw. schwarzen Punkten konzentriert. Nach meiner laienhaften Vorstellung war das die Folge einer Hormonausschüttung, die sie auf starke Muskelkontraktionen zum Sprengen der Eihülle vorbereiten sollten, z. B. Serotonin.


Doppelbild: Links ist ein Clownfisch-Ei mit Embryo zu sehen, dessen Körper gelb gefärbt ist, weil die Xanthinpigmente sich gleichmäßig und homogen verteilt haben, rechts der gleiche Embryo, bei dem sich als Stressfolge die Pigmente zu kleinen, runden Flecken zusammengezogen haben
Am Morgen des Schlupftags ist die Pigmentverteilung der Embryonen innerhalb der Pigmentzellen noch sehr großflächig, was auf einen entspannten Zustand hinweisen dürfte (links). Am Abend jedoch geraten alle unter Stress (rechts), möglicherweise durch eine Hormonausschüttung als Vorbereitung des Schlupfvorgangs.

Die zweite Beobachtung lag im Verhalten unmittelbar vor dem Sprengen der Eihülle zum Schlupf: Bei der U-förmigen Körperstellung der Embryonen, die nötig ist, um in einer nur zwei Millimeter großen Eihülle rund vier Millimeter lang werden zu können, fehlt vielen die Kraft, durch eine Körperstreckung wie ein aufklappendes Taschenmesser die Hülle zu sprengen. Die Problemlösung ist einfach und der Wissenschaft bisher vermutlich nicht bekannt: Der Embryo begibt sich in eine S-Stellung, um nun durch eine Körperstreckung mit mehr Kraft auf die Eihülle einwirken und sie sprengen zu können – für die Embryonen ein Erfolg und für mich ein Erkenntnisgewinn.


Ein Clownfisch-Embryo befindet sich in seiner Eihülle und ist kurz vor dem Schlupf, und um mehr Kraft auf die Eihülle einwirken zu lassen, hat er sich mit seinem Körper in eine S-Stellung begeben, damit er die Hülle durch Streckung sprengen kann
Beim Schlupfvorgang selbst begeben sich manche der Embryonen in eine S-Stellung, um nun durch eine Körperstreckung mit mehr Kraft auf die Eihülle einwirken und sie sprengen zu können

Der Fotowettbewerb

Monate später stieß ich im Internet erstmalig auf den Fotowettbewerb Nikon Small World Award. Wäre das nicht auch etwas für meine Clownfischembryonen? Aber andererseits: Noch nie hatte ich bisher an irgendeinem Wettbewerb teilgenommen, geschweige denn an einem Fotowettbewerb!  Und dieser war in der Mikroskopfotografie der weltweit größte und bedeutungsvollste! Jedes Jahr rund 2000 Beiträge aus rund 90 Ländern der Erde! Die Crème de la Crème der Mikrofotografen in aller Welt traf sich dort zum alljährlichen Stelldichein, meist Experten aus Universitätsinstituten, die jeden Tag mit hochkomplexen, sündhaft teuren Konfokalmikroskopen aufregende Fluoreszenzaufnahmen in allen Farben des Regenbogens anfertigten, messerscharf gerechnet von Hochleistungscomputern – so sah ich das damals. Und ich blutiger Anfänger sollte mich unter sie mischen?


Egal – Dabeisein ist alles. Ich fertigte eine spezielle Kurzversion der Embryonalentwicklung an, die sich vom Format her als Wettbewerbsbeitrag eignete und reichte sie bei der Nikon Small World Award ein. Und monatelang geschah erst einmal nichts.


Fünfzehn Clownfisch-Eier stehen in mikroskopischen Aufnahmen nebeneinander, von links nach rechts jeweils weiter entwickelt, beginnend mit dem frisch gelegten Ei, am Ende die leere Eihülle nach dem Schlupf des Embryos, der nach oben schwimmt
Geschafft: Die mikroskopische Bilddokumentation der Embryonalentwicklung von Amphiprion percula ist fertig und so detailreich aufgenommen, dass man sie problemlos auf zwei Meter Kantenlänge Vergrößern könnte

Im Oktober 2020 fiel ich dann fast vom Stuhl, als ich erfuhr, dass mein Beitrag den zweiten Platz belegt hatte – den zweiten! Und ein Bisschen Bauchschmerzen bekam ich, als mir klar wurde, dass ich versehentlich eine Testdatei zum Wettbewerb abgeschickt hatte, die ich im Vorfeld gebaut hatte, um das Ganze zu probieren. Die endfertige Wettbewerbsdatei, die viel schöner war, hat bis heute niemand gesehen. Die wäre vielleicht noch einen Platz weiter nach vorn gekommen – einer war da ja noch vor dem zweiten.

Ein Webseiten-Screenshot zeigt eine Bildübersicht mit 18 Siegerbildern des Wettbewerbs Nikon Small World Award von 2020
Nikon Small World Award 2020: Ein Auszug der Bildserie belegt den zweiten Platz, und die Embryonen gehen durch die internationale Presse

In den folgenden Wochen wurde ich dann von zahlreichen Redaktionen im Ausland interviewt, die über den Wettbewerb berichteten, und in mehreren wissenschaftlichen Fachbüchern druckte man meine Embryonen ab. Auch die Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“ brachte sie doppelseitig am Heftanfang. Und endgültig versöhnt mit meinen verwechselten Dateien hat mich dann letztlich, was ich ganz zufällig aus den USA erfuhr: Die Redaktion der Wissenschaftszeitschrift „Nature“ hatte mein Wettbewerbsbild neben einigen weiteren zum „Wissenschaftsfoto des Jahres 2020“ gekürt – welch eine Ehre für meine kleinen Embryonen!


Ein Webseiten-Screenshot zeigt Fotos, die von der Redaktion der Wissenschaftszeitschrift „Nature“ zu den Wissenschaftsfotos des Jahres 2020 gekürt wurden, dabei ein Foto mit fünf der Clownfischeier, in denen man die Embryonalentwicklung erkennen kann
Die Redaktion der US-amerikanischen Wissenschaftszeitschrift „Nature“ wählt die Clownfisch-Embryonen zum Wissenschaftsfoto des Jahres 2020

Daniel Knop

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