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Objektivporträts und Vergleichstests

Canon Macro Photo Lens 35 mm 1:2,8

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Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 ist ein Spezialobjektiv für wissenschaftliche und technische Anwendungen mit Abbildungsmaßstäben von 2:1 bis 10:1. Dieser Test soll zeigen, wie gut es sich im Vergleich mit einem modernen Mikroskopobjektiv schlägt und für das Focus Stacking eignet.

Das Objektiv

Das Objektiv Canon Macro Photo Lens 35 mm 1:2,8 ist eine spezielle Makrooptik, die von Canon für extrem hohe Vergrößerungen entwickelt wurde. Es hat sehr kleine Linsen, ähnlich einem Mikroskopobjektiv, doch es ist mit einer Blende versehen und optisch so flexibel, dass es durch Veränderung des Kameraauszugs einen extrem großen Bereich an Abbildungsmaßstäben abdeckt.

 

Dieses Objektiv ist Teil des FD-Systems von Canon und gehört zur Macrophoto-Lens-Serie, die für den Einsatz in der Makrofotografie konzipiert wurde. Sie bestand aus den Brennweiten 20, 35, 50 und 70 mm. Diese Objektive wurden ab April 1978 angeboten und bis in die frühen 1980er Jahre hergestellt. Sie waren speziell für den Einsatz mit den FD-Bajonett-Kameras von Canon konzipiert und als Nischenprodukt für wissenschaftliche und technische Anwendungen gedacht. Daran befand sich ein RMS-Gewinde, sie waren aber ausgestattet mit einem Adapter RMS auf Canon-FD-Bajonett, geliefert in einer speziellen Kunststoffdose.

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 besitzt ein RMS-Gewinde, wurde aber mit einem Adapter zum damaligen Canon-FD-Bajonett geliefert

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 war bekannt für seine exzellente Schärfe und Detailwiedergabe bei Makroanwendungen. Es war speziell für den Einsatz in einem sehr engen Vergrößerungsbereich optimiert (2:1 bis 10:1), was bedeutet, dass es außerhalb dieses Bereichs nicht ideal arbeitet. Mit einem herkömmlichen Balgengerät ist etwa 5:1 erreichbar, mit zusätzlichen Zwischenringen bis zu 10:1.

 

Die optische Konstruktion minimiert typische Probleme wie chromatische Aberrationen und Verzeichnungen, die bei hoher Vergrößerung verstärkt auftreten können, allerdings im Rahmen der technischen Möglichkeiten, die zu jener Zeit gegeben waren. Eine apochromatische Korrektion gehörte noch nicht dazu.

 

Aber immerhin hat Canon großen Wert darauf gelegt, den als Koma bezeichneten Abbildungsfehler zu verringern. Er entsteht, wenn Lichtstrahlen schräg auf die Linsen auftreffen und nicht optimal fokussiert werden. Beim Focus Stacking können Punkte dadurch zu unscharfen Schlieren werden.

 

Dieser Test soll zeigen, wie es sich im Vergleich mit dem Mitutoyo M Plan Apo 5 x schlägt, das inzwischen nicht nur bei metallurgischen Anwendungen und in der Wissenschaftsfotografie Qualitätsreferenz ist, sondern auch in der Focus-Stacking-Fotografie.

 

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 wurde mir dankenswerterweise von Dr. Kristian Peters zur Verfügung gestellt.

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Im Gegensatz zu Mikroskopobjektiven besitzt das Canon Macro 35 mm 1:2,8 eine Blende

Der Hersteller

Canon ist der weltgrößte Kamerahersteller und Weltmarktführer bei Digitalkameras, produziert aber auch Scanner und Drucker und ist auch am Raumfahrtunternehmen Space One beteiligt, das Kleinsatelliten mit einer japanischen Trägerrakete ins All befördern soll. In Canons umfassendem Objektivprogramm befand sich auch das hier vorgestellte Makroobjektiv.

Technische Daten

Brennweite: 35 mm

Blende: f/2.8 bis f/22

Blendenlamellen: 9

Optische Konstruktion: 6 Linsen in 4 Gruppen

Vergrößerung: optimiert für die Makrofotografie im Bereich von 2:1 bis 10:1, üblicherweise in Kombination mit Balgengerät oder Zwischenringen

Fokussierung: Kein herkömmlicher Fokusring – die Vergrößerung wird durch Veränderung des Abstands zwischen Objektiv und Filmebene bzw. Sensor gesteuert

Anschluss: RMS oder FD-Adapter

Die Abbildungsleistung

Die folgenden Testbilder geben die Abbildungsleistung des Canon 35 mm 1:2,8 bei 5x wieder, stets im Vergleich mit der des Mitutoyo M Plan Apo 5x. Die Canon-Bilder sind dabei jeweils auf der linken Seite, die Mitutoyo-Vergleichsbilder rechts. Vom Vollformat-Testbild wurde jeweils nur die rechte Hälfte verwendet, so dass am linken Bildrand das Bildzentrum zu sehen ist, rechts hingegen der rechte Bildrand und die Ecken.

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Die Schärfe ist im Bildzentrum hoch, nimmt jedoch zum Bildrand hin kontinuierlich ab, und auch im Zentrum ist sie dem Mitutoyo deutlich unterlegen. Im erweiterten Zentrum und in der Randzone erkennt man auch deutlich rosafarbene Säume, chromatische Aberrationen. Das Mitutoyo ist im Farbkontrast kräftiger und zeigt im Vollformat nur am äußersten Rand nachlassende Schärfe. 

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Die Ausschnittsvergrößerung macht den Unterschied zwischen dem Canon und dem Mitutoyo deutlich. Mehrere Jahrzehnte liegen zwischen diesen beiden Optiken. 

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Flügelschuppen von Chrysiridia rhipheus als Praxistest: Farbkontrast und Bildschärfe sind beim Mitutoyo erkennbar besser, doch für ein Objektiv, das annähernd ein halbes Jahrhundert alt ist und für eine geringe Summe auf dem Gebrauchtmarkt angeboten wird, ist die Abbildungsleistung erstaunlich. 

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Bei den Ausschnittsvergrößerungen muss man schon ein bisschen genauer hinsehen, um die bessere Detailwiedergabe des Mitutoyo in Form der vertikalen Rillenstruktur der Flügelschuppen zu erkennen. Wer einen preiswerten Einstieg in die Focus-Stacking-Fotografie sucht, ist mit dem Canon gut bedient. 

Fazit

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 repräsentiert den Stand der Technik in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren. Die grundlegende Konzeption ist nun also fast ein halbes Jahrhundert alt, und im gleichen Zeitraum haben sich Kameras von der manuellen Analog-Spiegelreflex zur vollelektronischen spiegellosen Systemkamera mit extrem hoher Auflösung weiterentwickelt, mit augengesteuertem Autofokus und KI. Es wäre vermessen zu erwarten, dass die Entwicklung von Objektiven in diesem Zeitraum keine Fortschritte gemacht hätte, nicht nur in der Berechnung und Herstellung der Linsen, sondern auch in den Vergütungen, die heute bei hochwertigen (und entsprechend teuren) Optiken Streulicht sehr effektiv reduzieren und damit Schärfe und Farbkontrast steigern.

 

Darum war ein deutlich sichtbarer Qualitätsunterschied zwischen den beiden Probanden dieses Vergleichstests zu erwarten, und er ist zweifellos vorhanden, wie die Bilder zeigen. Dennoch erzeugt dieses Objektiv beeindruckende Bildergebnisse.

 

Auch hat dieses Objektiv gegenüber Mitutoyo & Co. den Vorteil, keine Tubuslinse zu benötigen und zudem über eine Blende zu verfügen, mit der sich die Schärfentiefe steigern lässt. Bei der automatisierten Focus-Stacking-Fotografie mag Letzteres nebensächlich sein, bei manuellem Vorgehen aber dürfte man sich freuen, dass weniger Einzelaufnahmen nötig sind. 

 

Gute Korrektion

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 ist für seine Zeit außergewöhnlich gut korrigiert und liefert hohe Bildschärfe. Besonders im Zentrum bietet es hohe Auflösung und Detailtreue. Die Schärfeleistung fällt jedoch beim Vollformat zum Bildrand hin ab, insbesondere bei hohen Abbildungsmaßstäben. Man muss bedenken, dass das Objektiv für Analogkameras entwickelt wurde und nicht für digitale Sensoren mit extrem hoher Auflösung, die solche Defizite gnadenlos aufdecken. Vor allem moderne Sensoren mit extrem geringer Pixelgröße machen die optischen Grenzen dieses Objektivs sichtbar.

 

Das Canon-Objektiv ist gut korrigiert, zeigt jedoch bei hohen Vergrößerungen (z. B. 5: 1 oder 10:1) deutlich sichtbare chromatische Aberrationen in Form rosafarbener Säume, insbesondere in den Bildecken und am Rand.

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 wurde mit einer speziellen Rundbox aus Kunststoff ausgeliefert, in der sich auch der Adapter RMS-Canon-FD befindet. 

Das Mitutoyo M Plan Apo übertrifft das Canon Macro 35 mm f2,8 in Schärfe, Farbkorrektion und Verzeichnungsfreiheit. Allerdings bietet das Canon für sein Alter durchaus eine gute Leistung. Im Vergrößerungsbereich von 2:1 bis 5:1 liegt die optimale Blende bei f/4 bis f/5.6. Bei höheren Vergrößerungen (5:1 bis 10:1) empfiehlt sich eine Blende von f/5.6 bis f/8, um eine gute Schärfentiefe zu erzielen, ohne die Beugung zu stark zu verstärken. Besonders zu empfehlen ist der Bereich zwischen 2:1 und etwa 6:1. Oberhalb von 6:1 wird der Auszug extrem lang, der Lichthunger steigt, und die Abbildungsfehler (CA, Schärfeverlust zum Rand) nehmen zu. Allgemein ist es bei hohen Abbildungsmaßstäben sehr lichthungrig, was man durch lange Belichtungszeiten kompensieren muss.

 

Einstieg in die Focus-Stacking-Fotografie

Für höchste Ansprüche und modernste Anwendungen (z. B. Sensoren mit geringer Pixelgröße und extrem hochauflösende Makrofotografie) wäre die Mitutoyo-Linse sicher die bessere Wahl. Wer aber heute für wenig Geld in die Focus-Stacking-Fotografie einsteigen möchte und die hohen Ausgaben für ein entsprechendes Mikroskopobjektiv scheut, kann damit durchaus eine gute Entscheidung treffen, wenn er mit den erwähnten Nachteilen leben kann. 

 

Wer z. B. für eine überschaubare Summe das hier getestete Canon Macro 35 mm f2,8 und das verwandte Canon Macro 20 mm f3,5 gebraucht und in gutem Zustand erwirbt, kann damit ohne Tubuslinse mit Abbildungsmaßstäben von 2:1 bis 20:1 arbeiten, zumindest theoretisch. In der Praxis deckt er damit aber immerhin den Bereich zwischen 2:1 und etwa 12:1 gut ab. Von Mitutoyo und vergleichbaren Anbietern wären dafür zwei bzw. drei Objektive nötig, die weitaus mehr kosteten. 

 

Besonders geeignet wäre das Canon-Objektiv für kleinere Bildsensoren (APS, MFT), weil hier der Qualitätsverlust, der sich bei Vollformatsensoren im Randbereich zeigt, nicht abgebildet wird.

Vorteile

Das Canon Macro 35 mm 1:2,8 benötigt keine Tubuslinse, und es verfügt über eine Blende und damit eine vergleichsweise große Schärfentiefe. Die Korrektion von Farb-Abbildungsfehlern ist besser als z. B. beim Canon MP-E 65 mm. Der günstige Kaufpreis kann die Anschaffung für Focus-Stacking-Einsteiger reizvoll machen. Hinzu kommt, dass dieses Objektiv meist in der Hand von Spezialisten war, so dass die Exemplare heute in der Regel gut erhalten sind. Der Aufnahmeabstand ist ausreichend für gute Lichtführung, noch erleichtert durch die abgeschrägte Front.

Nachteile

Das RMS-Anschlussgewinde erfordert einen Adapter, und zudem ist für den Einsatz ein Balgengerät nötig bzw. ersatzweise Zwischenringe. Ein weiterer Nachteil ist die im Vergleich zu Spitzen-Mikroskopobjektiven geringere Abbildungsleistung. Wie auch bei Mikroskopobjektiven ist eine Fokussierung nur über den Aufnahmeabstand möglich.

Daniel Knop, www.knop.de, www.danielknop.eu

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