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Objektivporträts und Vergleichstests

HLB M Planapo 3,5x

Das HLB Planapo 3,5x ist ein Mikroskopobjektiv für metallurgische Anwendungen. Ein Test soll zeigen, wie gut es sich für den Focus-Stacking-Einsatz ohne Fachmikroskop eignet.

Das Objektiv

Das HLB Planapo 3,5x ist ein Objektiv, das für die Metallurgie konzipiert wurde. Es ist Teil einer Serie unterschiedlicher Optiken, die aber alle parfokal sind, also die gleiche Gesamtlänge von Gehäuse plus Arbeitsabstand aufweisen. Auch der Gehäusedurchmesser ist bis auf das 50x/NA 0,55 identisch, was insbesondere bei dem geringsten Abbildungsmaßstab von 2x im Frontlinsenbereich schwierig war. Der Vorteil dieser Parfokalität ergibt sich allerdings primär beim Einsatz an Spezialmikroskopen, weil hier der baulich hergestellte Kameraauszug für alle Objektive der Reihe gleichermaßen passend ist, oft mit fest verbauter Tubuslinse. Allerdings ist das auch beim Focus Stacking vorteilhaft, weil innerhalb der Modellreihe alle Objektive getauscht werden können, ohne den Auszug (z. B. Zwischenringe oder Balgengerät) zu verändern oder die Tubuslinse zu tauschen. Darum ist es hier sehr vorteilhaft, nicht ein Sammelsurium unterschiedlichster Objektive verschiedener Hersteller zu nutzen, sondern sich innerhalb einer Modellreihe zu bewegen oder zumindest sehr ähnliche Optiken mit vergleichbaren Werten zu verwenden.

 

Die Linsen des HLB Planapo 3,5x wurden für den Einsatz mit Auflicht gerechnet, so dass man hier auch auf eine bessere Farbwiedergabe hoffen kann als bei manchen Mikroskopobjektiven, die primär für Durchlicht konzipiert wurden. 

 

Ein großer Arbeitsabstand ist für viele Anwendungen in der Metallurgie Voraussetzung, nicht zuletzt, weil das Licht hier von der Seite kommen muss. Das ist ein weiterer, sehr wesentlicher Unterschied zu den meisten Mikroskopobjektiven, die primär für Laborzwecke konzipiert wurden (Medizin, Biologie u. a.), denn dort wird meist mit Durchlicht gearbeitet, was einen langen Arbeitsabstand entbehrlich machte, mithin sogar störend. 

 

An sich wurde das HLB Planapo 3,5x für den Einsatz an speziellen Werkstattmikroskopen geschaffen, doch der lange Arbeitsabstand ist ideal für den Einsatz auf einem Focus-Stacking-Setup, in dem es zusammen mit der erforderlichen Tubuslinse auf eine Kleinbildkamera gesetzt wird. Durch den gewaltigen Arbeitsabstand ist die Lichtführung zur Beleuchtung sehr einfach.

Das HLB Planapo 3,5x ist Teil einer parfokalen Objektivserie mit identischem Gehäusedurchmesser

Der Objektivhersteller

Hersteller ist die japanische Firma Shibuya Optical, die Objektive für zahlreiche Fachbereiche anbietet, Spezialmikroskope sowie Zubehör und viele weitere optische Instrumente. Nach Europa importiert werden die Objektive von der Firma Stonemaster (www.stonemaster.de). 

 

Vorbild war vermutlich eine Objektivserie der japanischen Firma Mitutoyo, die ebenfalls parfokal ist und mit ihrem langen Arbeitsabstand sowie der extrem hohen Abbildungsqualität weltweit Standards setzte, allerdings zu sehr hohen Preisen. Die Objektivserie von HLB zählt zu den zahlreichen Konkurrenzprodukten und bietet inzwischen qualitativ vergleichbare Optiken an, zu deutlich geringeren Preisen. Auch aus China sind zahlreiche Mitutoyo-Nachbauten erhältlich, die dem Original vielfach zum Verwechseln ähnlich sehen, für wiederum günstigere Preise als die HLB, doch man sollte von der Ähnlichkeit nicht automatisch eine vergleichbare Abbildungsleistung ableiten. 

 

Das hier porträtierte HLB-Objektiv stellte mir Rainer Ernst von der Firma Stonemaster für den Test zur Verfügung.​​​

Technische Daten

Abbildungsmaßstab 3,5x

Numerische Apertur 0,1

Unendlichoptik (Tubuslinse nötig)

kompatible Tubuslinsenbrennweite 200 mm

Gewindedurchmesser und Steigung M26 x 0,706

Gewicht 210 g

Gehäuselänge 54,07 mm

Gehäusedurchmesser 34 mm

Parfokaldistanz (Gehäuselänge plus Arbeitsabstand) 95mm

Brennweite 57,1 mm

Arbeitsabstand 40,93 mm

Auflösung 2.75 µm

Schärfentiefe 27.5 µm

Die Abbildungsleistung

Die folgenden Testbilder geben die Abbildungsleistung des Objektivs wieder. Das erste zeigt eine Übersichtsaufnahme (Vollformatsensor) mit der Tubuslinse Raynox DCR 150, so dass annähernd die Nominalvergrößerung von 3,5x entsteht. Die beiden anschließenden Bilder enthalten jeweils einen vergrößerten Ausschnitt. Darunter folgt eine weitere Übersichtsaufnahme, allerdings mit der Tubuslinse Raynox DCR 250, was den Abbildungsmaßstab deutlich reduziert. Einige metallurgische Mikroskopobjektive, z. B. aus der erwähnten Mitutoyo-Serie, tolerieren diese Vorgehensweise, und der Test sollte zeigen, ob das auch beim HLB M Planapo 3,5x der Fall ist.

Testbild mit Nominalvergrößerung (DCR 150), mit Rahmenmarken für die nachfolgenden Ausschnittsvergrößerungen – die leichte Abdunklung der Ecken weist darauf hin, dass der Bildkreis des Objektivs mit dem Vollformatsensor etwas überschritten ist. Eine kissenförmige Verzerrung ist aber noch nicht erkennbar.

Die Schärfe im Bildzentrum ist am besten erkennbar in den quadratischen Kastenstrukturen, und die Wiedergabe der extrem feinen Details entspricht dem, was von einem vergleichsweise preiswerten Objektiv mit diesem geringen Abbildungsmaßstab erwartet werden kann, wenngleich sie nicht wirklich spektakulär ist.

Zu den Bildecken hin (hier links oben) zeigt sich leicht nachlassende Bildschärfe, und Andeutungen chromatischer Aberrationen sind zu sehen. Auch der Kontrast wird flach. In der Randzone ist der Bildkreis des Objektivs deutlich überschritten.

Testbild mit DCR 250: Im Zentrum ist die Bildschärfe bei dieser Kombination nur moderat und deutlich geringer als bei der Nominalvergrößerung, und außerhalb des Bildzentrums lässt sie gewaltig nach. Hier zeigt sich auch eine leichte kissenförmige Verzerrung. Die Abdunklung des Rand- und Eckenbereichs ist deutlicher als bei Verwendung der DCR 150.

Das Bildzentrum hat noch gewisse Schärfe, aber feinste Details werden in Kombination mit der DCR 250 nicht mehr wiedergegeben.

Die Randzone weist starke kissenförmige Verzerrung und intolerable Unschärfe auf, die zur Ecke hin extrem wird (hier links oben). Im Vollformat ist diese Kombination aus Objektiv und Tubuslinse schlicht unbrauchbar.

Der direkte Vergleich mit dem Canon-Lupenobjektiv MP-E 65 mm bei Stellung 3,5x zeigt, dass das HLB Planapo 3,5x diesem sehr scharf abbildenden Makrospezialisten deutlich unterlegen ist. Das Canon bringt mehr Schärfe (Bild oben rechts), und der Schärfeabfall zum Bildrand und vor allem zu den Ecken hin ist beim Canon deutlich schwächer als beim HLB. Allerdings muss hier auch berücksichtigt werden, dass das HLB Planapo 3,5x neu weniger als die Hälfte dessen kostet, was für ein Canon MP-E 65 mm zu veranschlagen ist. 

Vergleich HLB M Plan 3,5x – Canon MP-E 65 mm

HLB Planapo 3,5x (links) im Vergleich mit dem Canon MP-E 65 mm bei Stellung 3,5 (rechts), oben jeweils das rechte obere Viertel des Originalbilds, aufgenommen mit Vollformatsensor (Focus Stack), unten jeweils ein Sechzehntel des Originalbilds, entsprechend hochskaliert.

Fazit

Das HLB Planapo 3,5x zeigt beim Einsatz einer Tubuslinse Raynox DCR 150 und entsprechendem Auszug (208 mm) im Zentrum relativ gute Bildschärfe und Detailgenauigkeit, die allerdings sehr hohe Erwartungen kaum erfüllen kann. Die Farbkorrektion ist allerdings gut, denn chromatische Aberrationen (CAs) sind kaum zu erkennen, was allerdings bei einem Apo nicht wirklich überrascht. Vollformatsensoren überfordern allerdings den Bildkreis, so dass in den Ecken deutlich sichtbare Unschärfe entsteht, die zum Bildrand hin erkennbar zunimmt. Auch eine leichte Abdunklung der Ecken ist zu sehen, ebenso in der Randzone leicht zunehmende CAs. Darum ist dieses Objektiv nur für kleinere Sensoren zu empfehlen (APS, MFT).

Mit einer Tubuslinse Raynox DCR 250 und Auszug von 125 mm allerdings, einer Kombination, die einen geringeren Abbildungsmaßstab erzeugt, ist das Objektiv deutlich überfordert, weil der Bildkreis weit überschritten wird. Es zählt also nicht zu den metallurgischen Optiken, die auf diese Weise auch für geringere Vergrößerungen eingesetzt werden können. Im Zentrum ist die Scharfzeichnung noch immer brauchbar, doch die Bildqualität fällt zum Rand hin so früh und so dramatisch ab, dass der Einsatz dieser Kombination (für die das Objektiv allerdings auch nicht konzipiert wurde) am Vollformatsensor wenig Sinn macht. Auch die Abdunklung zum Rand und den Ecken hin macht das deutlich. Diese Kombination dürfte auch mit kleinere Sensoren problematisch sein.

Vorteile

Extrem großer Arbeitsabstand, Parfokalität innerhalb der Objektivserie, also leichter Objektivwechsel

Nachteile

Schärfeleistung moderat, ungewöhnliche Gewindegröße, für die Adapter etwas schwierig zu bekommen sind, deutliche Randunschärfen beim Vollformatsensor, Eignung nur für kleinere Sensoren

So wurde getestet

Der Hersteller schreibt für dieses Objektiv eine Tubuslinsenbrennweite von 200 mm vor. Eine scharfe Abbildung mit der Nominalvergrößerung, dem Wertangabe auf dem Objektivkorpus, setzt voraus, dass der Kameraauszug (Distanz zwischen Objektiv- und Filmebene, hier also Abstand zwischen Lichtaustritt aus der Tubuslinse und dem Kamerasensor) 200 Millimeter beträgt.

 

Stattdessen wurde im vorliegenden Test eine Tubuslinse Raynox DCR 150 eingesetzt, die eine Brennweite von 208 Millimetern aufweist. Diese Linse ist nicht nur am Markt leicht verfügbar, sondern in der Mikrofotografie weit verbreitet und liefert zudem qualitativ sehr hochwertige Bildergebnisse. Durch diese Abweichung ist kein Qualitätsverlust zu erwarten, sondern lediglich ein geringfügig höherer Abbildungsmaßstab als der Nominalwert 3,5 x, weil passend zur längeren Brennweite auch der Kameraauszug entsprechend auf 208 mm vergrößert wurde.

 

Im Anschlussversuch wurde eine Raynox DCR 250 mit 125 mm Brennweite montiert, um die Objektivleistung bei geringerem Abbildungsmaßstab zu testen, mit reduziertem Kameraauszug von 125 mm.

 

Objektiv und Tubuslinsen wurden vor dem Test auf Sauberkeit und Staubfreiheit geprüft. Beleuchtet wurde mit zwei Studio-LED-Leuchten Godox SL60W, und Bildinhalt ist eine runde Silicon-Wafer-Scheibe aus der Produktion von integrierten Schaltkreisen (Computerchips) mit 76 mm Durchmesser.

Die Objektivtests wurden durchgeführt mit einem Novoflex Castel micro auf einem großen und stabilen, horizontal ausgerichteten Focus-Stacking-Setup, der wahlweise mit Studioblitzen oder LED-Leuchten betrieben werden kann.

Da Mikroskopobjektive theoretisch eine gewisse Bildfeldwölbung aufweisen können, ist bei der Aufnahme eines streng zweidimensionalen Objekts denkbar, dass im Bildzentrum und der Peripherie nicht im gleichen Einzelbild die volle Schärfeleistung zu sehen ist. Selbst wenn der Namenszusatz „Plan“ auf eine Bildfeldebnung hinweist, ist das vor einem Test nicht zwangsläufig auszuschließen. Zudem wäre eine fehlerhafte Schärfedarstellung möglich, wenn die Silicon-Wafer-Scheibe nicht hundertprozentig parallel zum Kamerasensor ausgerichtet wäre. Darum wurden die Vergleichsbilder nicht als Einzelaufnahmen erstellt, sondern als Bildserie mit verschobener Schärfenebene, anschließend mit Helicon Focus verrechnet. Allerdings wurde die Prozedur (Erstellung der Bildserie und Focus Stacking) stets zweimal durchgeführt, um auch hier Fehler auszuschließen. 

 

Mit Ausnahme der Erstellung von Bildausschnitten fanden keinerlei Bildbearbeitungen statt. Die Kameras (Canon R3 und R5II) exportierten alle Bilddaten im Rohformat CR3, so dass kameraseitig keinerlei Bildoptimierungen durchgeführt wurden. Auch das Archivprogramm (Capture One Pro 16,4) wurde so eingestellt, dass es zu keinerlei Nachschärfungen kam. Dadurch wirken die stark vergrößerten Bildausschnitte möglicherweise relativ unscharf, doch nur so kann sicher gestellt werden, dass die Vergleichsbilder die Leistung des jeweiligen Objektivs möglichst authentisch wiedergeben. Die Beurteilungen wurden auf 5K-Monitoren durchgeführt (LG UltraFine).

 

Allerdings muss stets zugrunde gelegt werden, dass es sich hier um Tests von Einzelobjektiven handelt; die Leistung von Objektiven ist innerhalb einer Modellserie nicht unbedingt völlig identisch, z. B. weil die Einzellinsen laminierter Linsenpaare manuell aufeinander angepasst wurden und dadurch individuelle Abweichungen entstehen können. Auch zwischen baugleichen Objektiven muss man darum stets mit gewissen Qualitätsschwankungen rechnen. 

 

Bei diesem Objektivporträt handelt es sich um eine Praxisstudie, die nicht den Anspruch erhebt, eine professionelle Bewertung zu sein. Sie soll nicht Labormesswerte bieten, sondern Mikrofotografen ermöglichen, einen Überblick über eine Auswahl verbreiteter und verfügbarer Objektive zu bekommen, so dass die Entscheidung für bestimmte Optiken erleichtert und Fehlkäufe vermieden werden können. Ich stehe in keiner Beziehung zu Herstellern von Mikroskopen, Fotoequipment, Objektiven oder anderen Produkten und erhalte keinerlei Honorare oder andere Vergünstigungen. Bei den auf meiner Webseite vorgestellten Produkten handelt es sich entweder um mein Eigentum oder um kostenfreie Leihgaben, die von Privatpersonen oder Firmen ergebnisoffen zur Verfügung gestellt wurden.

Daniel Knop, www.knop.de

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