Objektivporträts und Vergleichstests
HLB M Planapo 2x
Das HLB Planapo 2x ist ein Mikroskopobjektiv für metallurgische Anwendungen. Ein Test soll zeigen, wie gut es sich für den Focus-Stacking-Einsatz ohne Fachmikroskop eignet.
Das Objektiv
Das HLB Planapo 2x ist ein Objektiv, das für die Metallurgie konzipiert wurde. Es ist Teil einer Objektivserie mit unterschiedlichen Abbildungsmaßstäben, die aber alle parfokal sind, also die gleiche Gesamtlänge von Gehäuse plus Arbeitsabstand aufweisen. Auch der Gehäusedurchmesser ist weitgehend identisch, was insbesondere bei diesem geringen Abbildungsmaßstab im Frontlinsenbereich schwierig war. Der Vorteil dieser Parfokalität ergibt sich primär beim Einsatz an Spezialmikroskopen, weil hier der für alle Objektive passende Kameraauszug mechanisch hergestellt wird, oft mit fest verbauter Tubuslinse.
Ein großer Arbeitsabstand ist für viele Anwendungen in der Metallurgie Voraussetzung, nicht zuletzt, weil das Licht hier von der Seite her kommen muss. Das ist ein weiterer, sehr wesentlicher Unterschied zu den meisten Mikroskopobjektiven, die primär für Laborzwecke produziert wurden (Medizin, Biologie u. a.), denn dort wird meist mit Durchlicht gearbeitet, was einen langen Arbeitsabstand entbehrlich machte, mithin sogar störend.
Der lange Arbeitsabstand ist ideal für den Einsatz auf einem Focus-Stacking-Setup, indem es zusammen mit der erforderlichen Tubuslinse auf eine Kleinbildkamera gesetzt wird. Durch den gewaltigen Arbeitsabstand ist die Lichtführung zur Beleuchtung des Objekts sehr einfach.
Das HLB Planapo 2x ist Teil einer parfokalen Objektivserie mit identischem Gehäusedurchmesser
Der Objektivhersteller
Hersteller ist die japanische Firma Shibuya Optical, die Objektive für zahlreiche Fachbereiche anbietet, Spezialmikroskope sowie Zubehör und viele weitere optische Instrumente. Nach Europa importiert werden die Objektive von der Firma Rainer Ernst-Feinwerktechnik (www.stonemaster.eu).
Vorbild war vermutlich eine Objektivserie der japanischen Firma Mitutoyo, die ebenfalls parfokal ist und mit ihrem langen Arbeitsabstand sowie der extrem hohen Abbildungsqualität weltweit Standards setzte, allerdings zu sehr hohen Preisen. Die Objektivserie von HLB zählt zu den zahlreichen Konkurrenzprodukten und bietet inzwischen qualitativ vergleichbare Optiken an, zu deutlich geringeren Preisen. Auch aus China sind zahlreiche Mitutoyo-Nachbauten erhältlich, die dem Original vielfach zum Verwechseln ähnlich sehen, für wiederum günstigere Preise als die HLB, doch man sollte von der Ähnlichkeit nicht automatisch eine vergleichbare Abbildungsleistung ableiten.
Das hier porträtierte Objektiv stellte mir die Firma Rainer Ernst-Feinwerktechnik (Hersteller der Stonemaster-Produkte) für den Test zur Verfügung.
Technische Daten
Abbildungsmaßstab 2x
Numerische Apertur 0,055
Unendlichoptik (Tubuslinse nötig)
kompatible Tubuslinsenbrennweite 200 mm
Gewindedurchmesser und Steigung M26 x 0,706
Gewicht 210 g
Gehäuselänge 60,6 mm
Gehäusedurchmesser 34 mm
Parfokaldistanz (Gehäuselänge plus Arbeitsabstand) 95 mm
Brennweite 100 mm
Arbeitsabstand 34,4 mm
Auflösung 5.0 µm
Schärfentiefe 90.9 µm
Die Abbildungsleistung
Die folgenden Testbilder geben die Abbildungsleistung des Objektivs wieder. Das erste zeigt eine Übersichtsaufnahme (Vollformatsensor) mit der Tubuslinse Raynox DCR 150, so dass annähernd die Nominalvergrößerung von 2x entsteht. Die beiden anschließenden Bilder enthalten jeweils einen vergrößerten Ausschnitt. Darunter folgt eine weitere Übersichtsaufnahme, allerdings mit der Tubuslinse Raynox DCR 250, was den Abbildungsmaßstab deutlich reduziert. Einige metallurgische Mikroskopobjektive, z. B. aus der erwähnten Mitutoyo-Serie, tolerieren diese Vorgehensweise, und der Test sollte zeigen, ob das auch beim HLB M Planapo 2x der Fall ist.
Testbild mit Nominalvergrößerung (DCR 150), mit Rahmenmarken für die nachfolgenden Ausschnittsvergrößerungen – der erste Blick auf das Gesamtbild vermittelt zunächst einen recht guten Eindruck; keine erkennbare Abdunklung von Rand und Ecken, nur leichte kissenförmige Verzerrung. Die Abbildungsschärfe lässt sich hier aber noch nicht abschließend beurteilen.
Die zentrale Ausschnittsvergrößerung zeigt mangelhafte Detailschärfe, sehr gut erkennbar in den kleinen quadratischen Strukturen
Die Ausschnittsvergrößerung des Rand/Eckenbereichs zeigt, dass die ohnehin geringe Schärfeleistung zur Ecke hin noch einmal dramatisch abnimmt (hier links oben). Zwar treten durch die apochromatische Korrektion auch in dieser Zone keine deutlichen Farbverschiebungen (chromatische Aberrationen) auf, aber die zunehmende Unschärfe entsteht in einem so breiten Streifen, dass dieser auch durch Verwendung eines kleineren Sensors (APS, MFT) nicht vollständig verschwinden würde.
Vergleich HLB M Planapo 2x – Minolta Dimage Scan Elite 5400
Der direkte Vergleich mit dem Minolta Dimage Scan Elite 5400 zeigt, dass das HLB Planapo 2x mit diesem extrem hochwertigen und sehr scharf abbildenden Objektiv in keiner Disziplin mithalten kann, sondern ihm haushoch unterlegen ist. Dass die Farbtemperatur in tiefere Kelvin-Bereiche abdriftete, war noch das kleinste Problem. Zwar wurde tatsächlich extrem hochskaliert, aber bei beiden Bildern im gleichen Maß. Während das Minolta filigranste Partikel gut erkennbar voneinander trennte, wie in den quadratischen Kastenstrukturen sehr gut zu sehen ist, produzierte das HLB nur unscharfe Hell-Dunkel-Übergänge ohne irgendwelche klar erkennbaren Konturen, obgleich sein Bildausschnitt wie beim Minolta aus dem Bildzentrum genommen wurde, wo jedes Objektiv seine absolute Bestleistung bringt.
Der direkte Vergleich des getesteten HLB Planapo 2x mit dem Goldstandard, dem Minolta-Filmscannerobjektiv Minolta Dimage Scan Elite 5400, hilft sehr, die Schärfeleistung des Testkandidaten einzuschätzen
Fazit
Das HLB Planapo 2x ist ein Objektiv mit einem Geburtsfehler. Bei der Verwendung der Tubuslinse Raynox DCR 150, mit der die übrigen Objektive dieser Baureihe gute Leistung erbringen, erzeugt es eine sehr schwache Bildschärfe.
Wird bei der gleichen Tubuslinsenbrennweite der Kameraauszug auf ca. 150 mm verkürzt (und der Fokussierabstand entsprechend verlängert), ist die Scharfzeichnung im Zentrum noch erheblich schlechter, und sobald der Blick vom Zentrum zur Peripherie abweicht, nimmt nicht nur die Unschärfe zu, sondern dazu gesellen sich abenteuerlich starke chromatische Aberrationen.
Setzt man es statt dessen mit einer Tubuslinse geringerer Brennweite (Raynox DCR 250) und einem Auszug von nur 125 mm ein, einer Konstellation, die einen geringeren Abbildungsmaßstab erzeugt (und für die das Objektiv eigentlich nicht konzipiert wurde!), ist das Objektiv massiv überfordert, denn der Bildkreis wird weit überschritten: Man sieht den gesamten Bildkreis als rundes Bild, umgeben von tiefem Schwarz.
Dieses Objektiv ist für Arbeiten mit einem Focus-Stacking-Setup schlicht unbrauchbar. Das ist bedauerlich, weil sein Pendant aus der ähnlichen Mitutoyo-Baureihe ebenfalls schlecht abschneidet und für die Mikrofotografie somit beide Objektive ausfallen. Sie beide scheitern offenbar an dem selben Kompromiss, der sich aus den Anforderungen an diese beiden Objektivbaureihen ergibt: Parfokalität, also gleiche Länge von Gehäuse plus Arbeitsabstand sowie gleicher Gehäusedurchmesser. Der Arbeitsabstand dieses 2x-Objektivs muss sehr lang sein, weil die Baulänge des Gehäuses bei dem geringen Abbildungsmaßstab viel kürzer ist als z. B. beim 20x oder 50x. Für einen so großen Arbeitsabstand wären bei diesem Abbildungsmaßstab entsprechend große Frontlinsendurchmesser nötig. Die aber gestattet die Vorgabe des gleichbleibenden, schlanken Gehäuses nicht. Ein kürzerer Arbeitsabstand schied aber als Problemlösung ebenfalls aus, wegen der Forderung der Parfokalität. Der hier gefundene Kompromiss mit vergleichsweise kleinen Frontlinsen geht extrem auf Kosten der Abbildungsqualität, vermutlich, weil die Linsen hier bis in die fehlerbehaftete Randzone ausgenutzt werden mussten.
Während beim Mitutoyo M Plan Apo 2x gewisse Qualitätsverbesserungen erreichbar sind, wenn eine 200-mm-Tubuslinse bei einem verkürzten Kameraauszug von ca. 150 mm eingesetzt wird, scheiterte beim HLB Planapo 2x auch dieser Versuch, denn die entstandenen Bilder waren noch weit weniger scharf.
Will man sehr hochwertige Focus-Stacking-Aufnahmen mit guter Auflösung anfertigen, die auch beim Vollformatsensor bis in die Randzone keine nennenswerten Abbildungsfehler zeigen, empfiehlt sich nach wie vor, Filmscannerobjektive einzusetzen. Drei davon sollen hier in separaten Porträts vorgestellt werden.
Vorteile
Im Vergleich zu hochpreisigen Objektiven geringerer Kaufpreis, extrem großer Arbeitsabstand, also beste Beleuchtungsmöglichkeiten, Parfokalität innerhalb der Objektivserie, also leichter Objektivwechsel
Nachteile
Der Auflösungswert, hier in den beiden oberen Feldern zu sehen, wurde im Linsenzentrum mit 160 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) abgelesen
Auflösungstest
Der Auflösungstest 300 von Zeiss ermöglicht, die Auflösung eines Mikroskopobjektivs in Form eines Zahlenwerts abzulesen. Zwar ist diese Ablesung in gewissem Rahmen Interpretationssache und nicht völlig exakt (Details siehe hier), doch sie vermittelt durchaus einen groben Eindruck der Feinzeichnung und Detailwiedergabe.
Testbild mit DCR 250: Im Zentrum ist die Bildschärfe bei dieser Kombination nur moderat und deutlich geringer als bei der Nominalvergrößerung, und außerhalb des Bildzentrums lässt sie gewaltig nach. Hier zeigt sich auch eine leichte kissenförmige Verzerrung. Die Abdunklung des Rand- und Eckenbereichs ist deutlicher als bei Verwendung der DCR 150.
Das Bildzentrum hat noch gewisse Schärfe, aber feinste Details werden in Kombination mit der DCR 250 nicht mehr wiedergegeben.
Die Randzone weist starke kissenförmige Verzerrung und intolerable Unschärfe auf, die zur Ecke hin extrem wird (hier links oben). Im Vollformat ist diese Kombination aus Objektiv und Tubuslinse schlicht unbrauchbar.
Der direkte Vergleich mit dem Canon-Lupenobjektiv MP-E 65 mm bei Stellung 3,5x zeigt, dass das HLB Planapo 3,5x diesem sehr scharf abbildenden Makrospezialisten deutlich unterlegen ist. Das Canon bringt mehr Schärfe (Bild oben rechts), und der Schärfeabfall zum Bildrand und vor allem zu den Ecken hin ist beim Canon deutlich schwächer als beim HLB. Allerdings muss hier auch berücksichtigt werden, dass das HLB Planapo 3,5x neu weniger als die Hälfte dessen kostet, was für ein Canon MP-E 65 mm zu veranschlagen ist.
Vergleich HLB M Plan 3,5x – Canon MP-E 65 mm
HLB Planapo 3,5x (links) im Vergleich mit dem Canon MP-E 65 mm bei Stellung 3,5 (rechts), oben jeweils das rechte obere Viertel des Originalbilds, aufgenommen mit Vollformatsensor (Focus Stack), unten jeweils ein Sechzehntel des Originalbilds, entsprechend hochskaliert.
Fazit