Während viele Makroaufnahmen freihändig oder mit einem Stativ ausgeführt werden, erfordern Focus-Stacking-Arbeiten mit Filmscanner- oder Mikroskopobjektiven einen speziellen Aufbau. Hier wird eine technisch erprobte Setup-Variante vorgestellt, mitsamt ihren Vorläufern.
Was haben Modelleisenbahner und Focus-Stacking-Liebhaber gemeinsam? Gar nichts, finden Sie vermutlich. Aber weit gefehlt, es ist mehr als Sie vielleicht denken. Unsere Begeisterung für die Natur, insbesondere Käfer und andere Insekten oder für Blüten und deren Ästhetik har Ähnlichkeit mit der Begeisterung eines Modelleisenbahners für die Ästhetik der Miniaturlandschaft, die er liebevoll konzipiert und aufbaut. Sein Schienennetz, hochkomplex und gut durchdacht, ist mit unserem Focus-Stacking-Setup vergleichbar – Technik in Reinform, geprägt von Einfallsreichtum und Erfahrungen. Und die Loks seiner Modelleisenbahn, sein ganzer Stolz, entsprechen bei diesem Vergleich letztlich unseren Objektiven.
In diesem Beitrag soll es um die zweite der oben genannten Analogien gehen, das Focus-Stacking-Setup, also den technischen Aufbau, der die Kamera und das Aufnahmeobjekt trägt und sie beide schrittweise aufeinander zu bewegt.
Das erste Setup – 2006
Die weitaus meisten Focus-Stacking-Liebhaber finden Spaß daran, ihren technischen Aufbau selbst zu konzipieren und fortwährend zu optimieren. Mir selbst geht es nicht anders. Ich begann vor 18 Jahren mit einer sehr simplen Konstruktion, manuell bedient und mit einfachsten Mitteln ausgestattet. Da ich zuvor eine Rolleiflex-Mittelformatkamera mit Makroobjektiv und Balgengerät hatte, war bei der neuen Leidenschaft mein Ansatz anders als in diesem Hobby üblich: Anstelle des sonst in der Regel verwendeten, langen Rohrs bzw. der aneinander geschraubten Zwischenringe, die den passenden Abstand zwischen Kamerasensor und Objektiv bzw. Tubuslinse herstellen, setzte ich ein Balgengerät ein, weil ich damit sehr vertraut war.
Als Basis für das Setup wählte ich eine schwarze Granitplatte. Sie war schwer und verspracht, unerschütterlich zu sein. Darauf klebte ich eine Aluminiumplatte mit einem winzigen Lineartisch im Puppenstubenformat, der die Kamera trug – fertig.
Die ersten Objektive stammten von meinem Leitz-Orthoplan-Mikroskop (und waren eigentlich ungeeignet, weil sie ein Periplan-Okular gebraucht hätten). Der erste Diffusor folgte den allgemeinen Empfehlungen, einen Tischtennisball beidseitig anzuschleifen und auf das Objektiv zu schieben – völlig ungeeignet für gute Fotos. Die Ausstattung war also sehr bescheiden, aber weil meine Ansprüche damals ebenso bescheiden waren, funktionierte das sehr gut, und ich war hochzufrieden. Experten monierten an meinen Bildern die Farbränder durch chromatische Aberrationen (weil ja die Korrektur durch das Periplan-Okular fehlte), aber ich fand das gar nicht so schlimm. Anfangs.
Das zweite Setup – 2010
Beim zweiten Setup ersetzte ich den alten Balgen durch einen modernen von Novoflex und konstruierte auch einen höhenverstellbaren Objekthalter, aus den Metallteilen des alten Balgengeräts aus den 1960er-Jahren.
Unter die Kamera kam ein motorischer Lineartisch, das Modell Stackshot der Firma Cognisys aus den USA. All das machte es praktischer, änderte an der Bildqualität zunächst noch nicht dramatisch viel. Und allmählich reifte in mir der Wunsch, die Ästhetik meiner Fotos zu verbessern, Schritt für Schritt. Und da ich das Glück hatte, schon damals in dem Internetforum www.photomacrography.net mit den absoluten wie Koryphäen Charles Krebs, Rik Littlefield oder dem unglücklicherweise vor wenigen Tagen überraschend und viel zu jung verstorbenen Robert OToole sowie vielen anderen engen Kontakt zu haben, konnte ich sehr schnell lernen, insbesondere wegen deren enormer Hilfsbereitschaft.
Das dritte Setup – 2012
Das dritte Focus-Stacking-Setup zählte schon zu einer anderen Liga und war nicht nur sorgfältig geplant, sondern basierte auch auf Erfahrungen, war also nicht nur ein Sprung ins kalte Wasser. Die Basis war eine transparente Acrylglasplatte mit polierten Kanten und L-förmig angeklebter Stirnplatte. Acrylglas wählte ich, weil ich mit diesem Material handwerklich sehr vertraut war. Meine Grundidee bei der Bauform war, das Ganze auch vertikal betreiben zu können, was ich dann letztlich aber nie tat, weil ich daneben ja ein Orthoplan-Mikroskop stehen hatte.
Auf der Grundplatte waren zwei CNC-Schienen aus Stahl montiert, auf denen vier kugelgelagerte Wagen saßen, die vor und zurück geschoben werden konnten, als Grobverstellung der Kameraposition. Auf diesen Wagen befestigte ich einen massiven, schweren Lineartisch aus Industriebedarf, mit Feinverstellung, ein ausrangiertes Werkzeug mit viel Patina und vermutlich langer Werkstattbiografie in irgendeiner Fabrikhalle. Obendrauf setzte ich die Stackshot-Einheit, den motorischen Lineartisch, auf dem die Kamera saß. Auf diese Weise konnte ich die Kamera durch Schieben grob positionieren, mit dem Lineartisch eine Feinpositionierung vornehmen und zusätzlich zwischen einem manuellen Stack und einem motorisch gesteuerten wählen, ganz ohne irgendwelche Umbauten.
Für den Objekthalter war das Metallskelett des 1960er-Jahre-Balgengeräts an die Stirnplatte geschraubt, als höhenverstellbare Standfläche.
Diesen dritten Aufbau nutzte ich viele Jahre lang ebenso gern wie erfolgreich, und als Robert OToole mir entscheidende Empfehlungen für einen besseren Diffusor gab, machte meine Bildqualität einen enormen Sprung.
Im Jahr 2018 war mir diese CNC-Schiene dann aber zu kurz, weil ich auch mit meinem Makroobjektiv Leica Apo-Elmarit 100 f/2,8 arbeiten wollte, und das hatte eine sehr lange Naheinstellgrenze. Dafür tauschte ich die Schienen gegen längere aus und fügte eine zusätzliche Acrylplatte als Basis hinzu. Sonst blieb der Aufbau unverändert, abgesehen davon, dass ich den Stackshot-Lineartisch durch das damals neu vorgestellte Castel micro von Novoflex ersetzte. Und Teilnehmer meiner Focus-Stacking-Workshops, die ich durchführte, um Einsteiger in die Materie einzuarbeiten, lernten diesen Aufbau kennen und bauten ihn zuhause nach.
Das vierte Setup – 2021
Aber nichts ist so gut, dass man es nicht noch verbessern könnte, und so ersann ich meine nun vierte Version, die ich auch heute noch nutze, wenngleich auch wiederum mit einigen Detailoptimierungen, die sich im Lauf der letzten Jahre ergeben haben. Basis ist diesmal nicht eine Acrylplatte, sondern drei quer sitzende Aluminiumprofile. Darauf fußt ein CNC-Schienenprofil, aber nicht mit zwei separaten Einzelschienen, wie bei der dritten Version, sondern eine einteilige Doppelschiene. Dadurch habe ich keinerlei Abstandsdifferenz zwischen den beiden Schienen, was eine viel weichere, gleichmäßigere Bewegung der Wagen ermöglicht.
Um mehr Standsicherheit zu erreichen, habe ich im hinteren Bereich noch eine kleine Nebenschiene, auf der auch Schwanenhälse auf eigenen, kleinen Wagen fahren können, z. B. um Blitzgeräte zu tragen, oder eine UV-Leuchte für Fluoreszenzaufnahmen.
Maximale Flexibilität
Nächster Punkt, der mir wichtig war: Alle Elemente, die sich auf der großen Schiene befinden, sollen verschieblich sein. Das gibt mir maximale Flexibilität. Für Arbeiten an der Kamera – Objektivwechsel und anderes – werden Diffusorwagen und Objekthalterwagen ganz nach rechts geschoben. Für differenzierte Arbeiten am Objekthalter hingegen schiebe ich Kamerawagen und Diffusorwagen ganz nach links. So ist immer ausreichend Platz. Zudem habe ich einen abnehmbaren Objekthalter, so dass ich ihn für sehr schwierige Objektpräparationen auch auf eine andere Arbeitsfläche wie den Schreibtisch stellen und dort beliebig drehen kann.
Anfangs arbeitete ich mit drei oder vier kleinen Godox-Blitzgeräten (TT350C, auch eine Empfehlung von Robert OToole), die auf langen Schwanenhälsen saßen und je nach Bedarf um den Diffusor herum platziert werden konnten. Das funktionierte wunderbar, abgesehen davon, dass man bei jeder Aufnahmeserie befürchten musste, dass mittendrin eines der Akkus den Geist aufgab. Die Lösung dafür heißt nun Studioblitz mit Netzanschluss: Zwei dieser Geräte hängen höhenverstellbar an einer Deckenhalterung. Bei Bedarf werden sie ausgetauscht gegen Studio-LED-Strahler des gleichen Herstellers; die Netzanschlusskabel bleiben unverändert liegen.
Auch auf dem Kamerawagen dieses Setups befindet sich zuunterst ein manueller Lineartisch, an dem ein Aufnahmedurchgang von Hand durchgeführt werden kann – zumindest theoretisch. Mir dient er allerdings ausschließlich zur Feinjustage der Kameraposition, aber hier ist er absolut unersetzlich.
Oben drauf befindet sich das Castel micro von Novoflex. Darüber das Balgengerät, ohne das ich mir die ganze Focus-Stacking-Arbeit nicht mehr vorstellen könnte, allein schon wegen der praktischen Platten vorn und hinten, die mit zwei Schrauben leicht zu lösen sind, um etwa das Objektiv zu tauschen. Objektive unterschiedlicher Bauart bekommen bei mir jeweils eigene Platten, was einen fliegenden Wechsel möglich macht.
Alles im Blick
Neben dem Setup befindet sich nicht nur das Castel-micro-Steuergerät, sondern auch ein 27-Zoll-Monitor, der über HDMI direkt an der Kamera angeschlossen ist und das Live-View-Bild zeigt. So kann ich die genaue Positionierung des Objekts bzw. des Kamerawagens und die Platzierung der Schärfenzone exakt sehen und über die Feineinstellschraube am unteren Lineartisch auch präzise verlagern. (Im vorliegenden Fall – Steuergerät links, Objektplatzierung rechts – wird das Bild auf beiden Seiten benötigt, zumal weiter links noch ein Mikroskop steht, das ebenfalls motorisch gesteuert wird. Darum befinden sich auf beiden Seiten Monitore, die das gleiche Bild zeigen. Normalerweise reicht einer aber völlig.)
Allerdings reicht hierfür ein sehr preiswerter, gern älterer 2K-Monitor; das Live-View-Bild, das die Kamera liefert, ist lediglich für das interne Mini-Display gerechnet, und dieses Bildsignal reizt nicht einmal die Darstellung eines 2K-Monitors aus. Und achten Sie auch darauf, eine Kamera einzusetzen, die zwei getrennte Anschlüsse für Monitor und Fernauslöser aufweist, denn manche besitzen z. B. nur eine USB-Buchse, an der man entweder Monitor oder Fernauslöser (bzw. Focus-Stacking-Steuergerät) anschließen kann. Damit hätten Sie bei motorischer Steuerung also kein großes Live-View-Bild.
In zwei Achsen verschiebbar
Auf dem rechts befindlichen Wagen, der den Objekthalter trägt, befindet sich eine zweite Kleinschiene, die im rechten Winkel zur Hauptschiene montiert ist. Grund dafür ist mein Wunsch, das Objekt gelegentlich vorzuschieben, in eine angenehmere Arbeitsposition, z. B. um winzige Detailmanipulationen auszuführen. Diese Schiene ist nicht unbedingt nötig, aber bisweilen sehr hilfreich, zumal man damit das Aufnahmeobjekt vor Beginn der Aufnahmeserie auch im Monitorbild sehr präzise nach links oder rechts verschieben kann. Allerdings besitzt auch der Kamerawagen einen quer liegenden Feineinstellschlitten, mit dem die Kamera quer zur optischen Achse verschoben werden kann, z. B. um zu Beginn einer Aufnahmeserie das Objekt auf dem Monitor mittig zu platzieren. Das wäre in diesem Fall entbehrlich.
Ein zweiter Objekthalter-Standpunkt befindet sich auf dem Diffusorwagen, quasi in einem Ausschnitt im Diffusor selbst, weil manche Objektive einen recht kurzen Arbeitsabstand haben und die normale Distanz zwischen ihrer Frontlinse und dem Objektivhalterwagen zu groß wäre. Beispiele dafür sind manche Scannerobjektive, etwa das Minolta Dimage Scan Elite 5400 oder das Scanner Nikkor 40 von Nikon. In solchen Fällen wird der Objekthalter direkt auf dem Diffusorwagen platziert, und auch dieser Standplatz ist quer zur optischen Achse verschieblich.
Welche Wünsche bleiben bei diesem Setup noch offen? Im Moment tatsächlich keine. Für vertikales Arbeiten nutze ich neben dem Orthoplan-Mikroskop einen alten, aber sehr stabilen Mikroskopständer aus den 1960er-Jahren, z. B. beim Fotografieren von Schneeflocken, das in einem separaten Beitrag vorgestellt werden soll. Momentan gibt es also keinen Optimierungsbedarf. Allerdings ist es natürlich immer denkbar, auf neue Motive zu stoßen, die auch in der Aufnahmetechnik neue Ideen verlangen. Und dann werden die Karten möglicherweise wieder neu gemischt: Das einzig Konstante ist der Wandel – wie im richtigen Leben.