Makroaufnahmen von Bestäubern und anderen Insekten oder von blühenden Blumen im Garten sind eigentlich nicht besonders schwierig. Mein Wunsch war aber, die Lichtverteilung so homogen wie möglich zu machen und dabei auch die Farbwirkung von Blumen und Insekten zu optimieren. Dafür modifizierte ich meinen IKEA-Lichtdiffusor, den ich auf meinem Focus-Stacking-Setup nutze, für den mobilen Einsatz mit einem Makroobjektiv – für normale Makroaufnahmen oder kamerainternes Focus Stacking (Focus Bracketing). Das Ergebnis ist eine kompakte Vorrichtung mit zwei Blitzgeräten, die ich hier vorstellen möchte – zum Nachbauen für jedermann.
Eigenbau-Doppelblitzhalter mit großem Lichtdiffusor im Makro-Einsatz auf der Büroterrasse
Ein Mann fotografiert mit einem Doppelblitzhalter Bestäuberinsekten auf Blumen, die in einer großen, fossilen Riesenmuschel wachsen. Links im Bild sieht man eine Kamera mit Objektiv und einem Doppelblitzhalter, als Freisteller ins Bild eingeschoben.
Meine Kernidee, die ganz am Anfang dieser Konstruktion stand, lag darin, eine herkömmliche Stativschelle um 180 Grad zu drehen, so dass die Befestigungsvorrichtung nicht unten saß, sondern oben. Damit bot sich eine ideale Montagemöglichkeit für einen Halter, der zwei Blitzgeräte tragen konnte. Schon diese Konstellation ohne Diffusor überzeugte spontan durch faszinierende Aufnahmen, weil sie bei weit geschlossener Blende einen pechschwarzem Hintergrund erzeugte, so dass das farbkräftige Motiv quasi freigestellt war, selbst in hellem Sonnenlicht fotografiert.
Aber das war ja nicht mein Ziel, und so kam die nächste Ausbaustufe. Der Diffusor, den ich auf meinem stationären Focus-Stacking-Setup verwende, basiert auf dem Schirm einer Deckenleuchte von IKEA, Modell „Melodi“, Durchmesser 28 cm. Mit einem speziell hergestellten Passstück, in das ich die Krümmung des Diffusors einschliff, war die Montage recht einfach, und das Bildergebnis war begeisternd.
Makroaufnahmen von einzelnen Blüten, mit winzigen räuberischen Spinnen, die auf Schwebfliegen warteten, oder von Schwebfliegen, die jede Blüte sorgfältig inspizierten und nach räuberischen Spinnen absuchten, waren plötzlich ein Farbenfeuerwerk. Keine Überstrahlungen an einzelnen Stellen, Färbungen von Zinnie, Cosmea & Co. sowie sämtlichen Bestäubern waren plötzlich überwältigend kräftig, auch ohne jede Nachbearbeitung. Und solche Fotomöglichkeiten haben durchaus Suchtpotenzial. Bald kannte ich jede Krabbenspinne in den Blüten mit dem Vornamen, vor allem, weil ich direkt am Haus ein mittelgroßes Blumenmeer habe.
Der Doppelblitzhalter
Die Herstellung
Freilich kann man Vorrichtungen für solche Makrofotos mit oder ohne Focus Stacking auch fertig kaufen. In der Regel arbeiten diese allerdings mit einem einzigen Blitzgerät, und ich wollte es mit zweien angehen. Meine Intention lag auch nicht darin, ein paar Euro zu sparen, sondern selbst etwas zu konzipieren, das meinem Ziel von Lichtverteilung und intensiver Farbwirkung möglichst nahe kommt.
Die Vorbereitung der IKEA-Leuchte ist recht einfach. Sie wird komplett ausgeweidet und von dem Innenteil mit Lampenfassung befreit (Vorsicht, Selbstverletzung vermeiden, das Material ist sehr zäh und störrisch). Anschließend sollte an der Unterseite ein großer Ausschnitt angebracht werden, so dass man sich z. B. einer Pflanze besser annähern kann.
Das Wichtigste ist zu Beginn eine Stativschelle, die zum betreffenden Objektiv passt. Daher sollten Sie von vornherein ein Objektiv wählen, an dem sich auch eine Stativschelle befestigen lässt, denn dazu haben viele einen entsprechend breiten Streifen des Gehäuses, an dem sich keinerlei quer liegende Strukturierungen befinden, und natürlich auch keine Schaltelemente. Auch der Durchmesser der Schelle muss zum Objektiv passen. Noch ein Tipp: Wählen Sie möglichst eine Stativschelle mit einem Gelenk, an dem man sie aufklappen kann, um sie um das Objektiv zu legen. Die in den Bildern gezeigte hat das nicht und ist beim Ansetzen sehr umständlich.
Das Herz meines Halters besteht aus zwei Platten. Die erste Platte liegt zentral und wird mit einer Schraube direkt an der Stativschelle befestigt. Die zweite sitzt quer darauf und ist an beiden Seiten dachförmig abgewinkelt; sie trägt die beiden Blitzgeräte. Beide Platten müssen Sie passend für Ihr Objektiv und Ihre Blitzgeräte erstellen, in der Länge und bei der zweiten Platte auch in der Abwinklung. Am besten experimentieren Sie zunächst mit Dummyplatten aus kräftiger Pappe, die Sie anschließend als Schablonen für den Kunststoff verwenden können.
Als Material für diese beiden Platten wählte ich PVC mit 5 mm Stärke, das sich noch leichter und angenehmer bearbeiten lässt als Acrylglas („Plexiglas“), doch auch das eignet sich gut. Erstellen Sie einfach einige Papp-Prototypen, um ein Gefühl für die richtige Länge der Streifen und die nötige Abwinklung zu bekommen, denn Ihre Blitzgeräte sollten mit einigem Abstand zum Diffusor platziert sein, wenigstens etwa 50 mm, weil sonst die Lichtstreuung mangelhaft sein könnte.
Zur Montage eignen sich Nylonschrauben besonders gut, denn alles, was Gewicht spart, ist bei einem solchen Blitzdiffusor willkommen.
Ich verwende zwei kleine Canon-Blitze, doch inzwischen könnte ich mir diesen Halter ebensogut mit den kleinen Godox-Blitzen TT350 vorstellen, die ich im stationären Focus Stacking einsetze, oder natürlich auch mit Blitzgeräten anderer Hersteller. Die Godox TT350 sind sehr preiswert, überaus zuverlässig und auch für mehrere Kamerasysteme zu haben (Canon, Nikon und Sony). Allerdings bauen sie etwas höher als die hier gezeigten Canon-Geräte, so dass die quer liegende Halteplatte entsprechend abgewinkelt und platziert sein müsste, damit der Abstand zwischen Blitzen und Diffusor optimal ist.
Welches Objektiv?
Im Prinzip kommt jedes Makroobjektiv in Frage, das die Befestigung einer Stativschelle erlaubt. Ich selbst würde hier nur ein Autofokus-Objektiv einsetzen, aber das ist eine Frage der persönlichen Präferenzen. Mein Favorit ist das noch relativ neue Canon-Makro RF 100 2,8 aus der L-Serie, aber ich verwende diese Vorrichtung auch gelegentlich mit dem Canon-Lupenobjektiv MPE 65. Dabei habe ich dann allerdings keinen Autofokus, und daher fokussiere ich damit über den Aufnahmeabstand. Zudem wird die Schärfentiefe ab etwa 2,5:1 so gering, dass es schwierig ist, das Motiv durchgehend scharf zu bekommen. Aber auch das ist eine Frage persönlicher Vorlieben, denn Unschärfen lassen sich ja auch gezielt als Gestaltungsmittel einsetzen.
Funksteuerung oder Kabel?
Kabel oder Funk, das hängt ebenfalls von den persönlichen Vorlieben ab. Ich arbeite lieber mit Kabeln, weil ein solches System zuverlässiger funktioniert und man nicht ein zusätzliches Gerät hat, das akkubetrieben ist und ausfallen kann. Andere möchten lieber einen Funksender verwenden, z. B. mit den kleinen Godox-Blitzen, für die es ein passendes Sendegerät gibt. Was allerdings bei diesem Blitzdiffusor ausscheidet, sind die früher oft verwendeten Infrarot-Blitzauslöser, denn die benötigen eine Zimmerdecke, über die das Lichtsignal vom Auslöser zu den Blitzgeräten geworfen wird.
Das Zwillings-Blitzanschlusskabel mit zwei Blitzgerätehalterungen bekommt man leicht über Internetanbieter, allerdings sind die Steckverbindungen Kamera- bzw. Herstellerspezifisch.
Warum zwei Blitzgeräte?
Freilich kann man auch mit einem einzigen Blitzgerät arbeiten, das mittig auf der Kamera sitzt, und dessen Licht über Reflexionsdiffusoren auf das Objekt geleitet wird. Es gibt stets mehrere Wege, die nach Rom führen. Aber ich habe den Eindruck, dass ich mit zwei Blitzgeräten, die auf die beiden Seiten des halbrunden Diffusors leuchten, das Licht auf dem Objekt besser verteilen kann. Zudem habe ich bei zwei Blitzgeräten, von denen jedes nur die halbe Leistung abgeben muss, die Chance, dass über eine entsprechend verkürzte Abbrennzeit Bewegungen noch besser eingefroren werden. Immerhin geht es zumindest bei Bestäubern auf Blüten oft um bewegte Objekte. Bedenken Sie, dass ein Blitzgerät niemals die Helligkeit variiert, sondern die Lichtmenge stets nur über verschieden lange Abbrennzeiten variiert, und je länger dieser Lichtimpuls ist, um so mehr Bewegungsunschärfen kommen ins Bild, z. B. bei schnellem Flügelschlag eines schwebenden Insekts. Zwei Blitzgeräte frieren Bewegungen also besser ein als ein einzelnes.
Internes Focus Stacking mit Doppelblitzhalter
Viele moderne spiegellose Digitalkameras bieten inzwischen auch die Möglichkeit, kameraintern Focus Stacking durchzuführen, um bei Makroaufnahmen eine sehr kleine Schärfentiefe zu kompensieren und die Schärfenzonen mehrerer Bilder zu einem neuen Einzelbild zu verrechnen. Oft wird das in der Software als „Focus Bracketing“ bezeichnet, das ist aber prinzipiell dasselbe. Für solche Aufnahmen, z. B. im Garten oder auf einer Blumenwiese, ist der hier vorgestellte Blitzdiffusor schlichtweg ideal, denn Sie haben nicht nur eine gute, diffuse Lichtquelle mit hervorragender Streuung, sondern alles in einem einzigen Aggregat. Die Blitzgeräte sind genau in der erforderlichen Position, und Sie können sich ganz auf das Motiv konzentrieren, während Sie vielleicht bäuchlings in der Blumenwiese liegen.
Beim kamerainternen Focus Stacking wählen Sie in der Steuersoftware Ihrer Kamera eine ungefähre Streckenlänge (z. B. ein Längenwert zwischen 1 und 10) und die Anzahl der einzelnen Aufnahmen (z. B. 2 bis 100). Die Kamera stellt dann diese Einzelfotos mit Hilfe des Objektiv-Autofokus her, und Sie müssen nach dem Auslösen nur noch stillhalten. Manche Kameras verarbeiten die Aufnahmen sofort intern, um das fertige Ergebnisbild auszugeben. Andere hingegen exportieren die Einzelaufnahmen zur anschließenden Verrechnung, entweder in speziellen Softwarelösungen wir Helicon Focus oder Zerene Stacker, oder in Bildbearbeitungsprogrammen wie Affinity Photo.
Beim internen Focus Stacking benötigen Sie für eine kurze Bildstrecke, etwa für eine bestäubende Hummel, nur wenige Einzelfotos. Während Mikroskopobjektive im stationären Focus Stacking oft mit mehreren hundert Aufnahmen erfordern, haben Sie hier ja eine Blende, die Ihre Schärfentiefe erweitert. Zudem hat ein Makroobjektiv an sich schon eine erheblich größere Schärfentiefe als jedes Mikroskopobjektiv. Vorteilhaft ist auch der schnelle Ablauf einer solchen Bildserie, denn das spielt sich meist innerhalb von einer Sekunde oder nur wenig mehr ab, so dass man nicht Gefahr läuft, durch starke Bewegungen das Bild zu verwackeln.
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